Leben

“Als Maler gewann er starken Einfluß, weil seine durch die Matisse-Schule gegangene Kunst dem in Deutschland vernachlässigten Kolorismus eine Lehre wurde und weil er mit seltener Einsicht sein Kunsturteil ausgebildet hatte. Er gehörte zu den denkenden Künstlern, doch dachte er nicht begrifflich, sondern anschaulich mit den Sinnen. Was sein Beispiel und seine Worte eindrucksvoll machte, war seine schwer erworbene Fähigkeit, das Künstlerische auf Grundgesetzlichkeit zurückzuführen. Ohne ein Lehrertemperament zu sein, war alles, was er tat und sagte, lehrhaft. Selbst dann, wenn ihm ein Bild missglückte, war das Misslingen noch charaktervoll und lehrreich.

Er hatte in der Pfalz bei seinem Vater als Dekorationsmaler gelernt, war Stuck-Schüler in München gewesen und hatte das Entscheidende in Paris erfahren. Der Entdecker seines Talents war in München Carl Voll gewesen. In Deutschland war er eine nicht alltägliche Erscheinung, weil er streng von der Form aus dachte und sich um Inhalt, Weltanschauung und Gehalt nicht kümmerte; doch nahm er den Begriff Form weit und tief genug, um alles Leben einzuschließen. Seine Erscheinung hatte etwas Nachdrückliches durch die Intensität des Ausdrucks. Sein Kopf fiel in jeder Gesellschaft auf; ohne ihn zu kennen, ließ sich von Purrmann sagen: dieser Mann ist gar nicht imstande, anders als wesentlich zu denken. Niemand hatte so viel Glück beim Herumstöbern in Antiquitätenläden, immer wieder fand er dort das Seltene und Unerkannt-Wertvolle. Es versteht sich, dass dieses Glück Verdienst war. Wie wenig andere hatte er die ganze Kunstkultur der Zeit und Vorzeit in sich aufgenommen, er vermochte den Künstlern aller Zeiten in die Seele zu blicken.”

(Karl Scheffler, “Die fetten und die mageren Jahre”, Leipzig/ München 1946, S. 213 f.)

Speyer/München 1880-1904

1880

Hans Marsilius Purrmann wird am 10. April 1880 in Speyer, Kleine Greifengasse 14, als erster Sohn des Malermeisters Georg Heinrich Purrmann (1846-1900) und seiner Frau Elisabeth, geb. Schirmer (1848-1916), geboren. Er hat einen jüngeren Bruder, Heinrich Christian (1881-1943), verehelicht mit Elisabeth von Walck, und eine jüngere Schwester, Friederike (1884-1963), seit 1913 mit dem Postinspektor Otto Albig verheiratet. Mit beiden Geschwistern steht Purrmann zeitlebens in gutem Kontakt; große Teile der Briefwechsel sind erhalten.

1886-1893

Dekorationsmaler in der Werkstatt des Vaters in Speyer

1893-1895

Im väterlichen Geschäft lernt er zunächst den Beruf des Stubenmalers, geht aber nebenher eigenen künstlerischen Interessen nach, wie die kleinen Stadtansichten oder ein größeres Landschaftsbild aus der Umgebung von Speyer zeigen.

1895-1897

Purrmanns Schulzeit ist kurz; er besucht die Volksschule in Speyer und anschließend dort ein Jahr die Realschule. „In Wissen und Schulbildung hätte mich jedes Dienstmädchen übertreffen können, denn ich kam nur mühsam und nur als ‚schwacher‘ (…) Schüler durch einen Teil der Volks- und ein einziges Jahr der Realschule.“ (Purrmann 1951, in: Göpel 1961, S. 11)

1897

Am 24. Oktober meldet sich Purrmann polizeilich in München. Zum Wintersemester nimmt er das Studium an der Akademie der bildenden Künste in München auf. Zunächst studiert Purrmann in der Zeichenklasse Gabriel von Hackls, dann in der Malklasse Franz von Stucks. Seine Kommilitonen sind u. a. Paul Klee, Wassily Kandinsky, Albert Weisgerber, Eugen von Kahler und Willi Geiger.

1899

Wegen des schlechten Gesundheitszustands des Vaters kann er in diesem Jahr nicht nach München gehen.

1900

Als am 5. Juli Vater Georg stirbt, übernimmt Bruder Heinrich das väterliche Geschäft und gibt damit Purrmann die Möglichkeit, ein freier Künstler zu werden.se and wine halloumi brie.

1902/03

Purrmann bekommt für diese beiden Jahre das Henry-Hilgard-Stipendium zur Förderung der bildenden Künstler in der Pfalz zugesprochen (Jöckle 2001, S. 268).

1903/04

In diesen Jahren kann Purrmann dank der Fürsprache Stucks an den Frühjahrsausstellungen der Münchner Sezession teilnehmen, wofür er von Wilhelm Wittmann und Hans Rosenhagen wohlmeinende Rezensionen bekommt. Nach Angaben Karl Schefflers wurde Purrmann von dem in München lehrenden Kunsthistoriker Karl Voll entdeckt. Auch dessen Schüler Friedrich Rintelen und Heinz Braune machen bald Bekanntschaft mit Purrmann. In diesen Jahren kann Purrmann dank der Fürsprache Stucks an den Frühjahrsausstellungen der Münchner Sezession teilnehmen, wofür er von Wilhelm Wittmann und Hans Rosenhagen wohlmeinende Rezensionen bekommt. Nach Angaben Karl Schefflers wurde Purrmann von dem in München lehrenden Kunsthistoriker Karl Voll entdeckt. Auch dessen Schüler Friedrich Rintelen und Heinz Braune machen bald Bekanntschaft mit Purrmann. Purrmann ist zweimal während der Sommermonate zu Gast bei Eugen von Kahler (1882-1911) auf dem Familiensitz in Svinar bei Prag. Es entstehen einige Park- und Gartenbilder, ein Foto zeigt beide Künstler 1903 vor einem Bild Purrmanns.

Paris 1905-1914

1905

Eine der Attraktionen des Jahres 1905 ist die Manet-Ausstellung im Pariser Herbstsalon. Purrmann besucht den Herbstsalon und lernt Werke der „fauves“ kennen, vor allem von Matisse und Derain. Er siedelt im November nach Paris über, wo er sich zunächst ohne Sprachkenntnisse im Kreis der deutschsprachigen Maler des Café du Dôme aufhält. Er wird von Rudolf Levy, Walter Bondy und Albert Weisgerber willkommen geheißen. Neben Künstlern verkehren dort auch Sammler wie Karl Ernst Osthaus, der Kritiker Julius Meier-Graefe und auch der spätere Kunsthändler Alfred Flechtheim.

1906

Im Frühjahr kann Purrmann in einer Reihe weiterer Ausstellungen Werke von Matisse studieren. Ende des Jahres kommt er in Berührung mit der Familie Stein, den frühen Mäzenen von Matisse. Er besucht seitdem deren gesellschaftlichen Jour fixe am Samstagabend, wo auch Picasso verkehrt. Purrmann beginnt Bilder von Matisse und anderen französischen Malern zu erwerben. Er hat sein Atelier in 17, Rue Campagne Première, direkt unter dem Atelier seiner späteren Frau Mathilde Vollmoeller (1876-1943), die es zeitweise Rilke überlassen hat.

1907

Die große Cézanne-Gedächtnisausstellung im Herbstsalon wird für Purrmann, wie für viele andere Künstler auch, zu einem prägenden Erlebnis. Im Juni besucht Purrmann zusammen mit Othon Friesz L’ Estaque, um nach Motiven Cézannes zu suchen. Sie entdecken in einer Höhle Malspuren des verehrten Meisters. Anlässlich der Ausstellung treffen weitere deutsche Künstler in Paris ein, wie Oskar und Margarete Moll, die später zu den Sammlern Purrmanns gehören.

1908

Im Juni führt Purrmanns erste Reise mit Matisse über Speyer, München, Nürnberg nach Heidelberg. Auf Anregung von Sarah Stein und Hans Purrmann wird in Paris die Académie Matisse im Couvent des Oiseaux eröffnet, später im Pariser Vorort Issy-les-Molineaux. Purrmann ist als „massier“ (Obmann) für die Ordnung im Atelier sowie die Betreuung der Modelle verantwortlich. Unter den Schülern sind Oskar Moll, Rudolf Levy, Friedrich Ahlers-Hestermann, Franz Nölken und auch Mathilde Vollmoeller, eine talentierte junge Malerin, die im Herbstsalon ausstellt. Sie ist die Schwester des Schriftstellers Karl Vollmoeller. Matisse erinnert sich 1951 an seine Lehrtätigkeit: „Ich pflegte von Zeit zu Zeit abends dort vorbeizugehen, um zu sehen, was sie machten. Sehr bald wurde mir klar, dass ich mich meiner eigenen Arbeit widmen musste und dass ich im Begriff war, zuviel von meiner Energie zu verschwenden. Nach jeder Kritik sah ich mich Lämmern gegenüber, und ich musste sie dauernd wieder auf die Beine stellen, jede Woche, um Löwen aus ihnen zu machen. So fragte ich mich, ob ich nun eigentlich ein Maler oder ein Lehrer sei; ich kam zum Schluß, ich sei ein Maler, und gab die Schule rasch auf. Purrmann (Mitglied und Professor an der Akademie in Berlin), Grünwald (Professor in Stockholm) und der Skandinavier Sörenson waren meine Schüler“ (Matisse 1951, S. 234 f.) Purrmann war beauftragt, in der Galerie Cassirers eine Matisse-Ausstellung einzurichten. Daher erfolgte die zweite Reise mit Matisse von Dezember 1908 bis Januar 1909 nach München, Weimar, Hagen und Berlin, wo sie allerdings auf Unverständnis stiessen und enttäuscht abreisen (vgl. Weidemann 2006, S. 7).

1909

Sommeraufenthalt in Cassis in Südfrankreich am Mittelmeer. Angeregt von Matisse, versucht sich Purrmann auch in wenigen plastischen Arbeiten, er fertigt vier Gipse von stehenden Akten an, die erst nach seinem Tod in Bronze gegossen werden.

1910

Purrmann sieht im Januar die Cézanne-Ausstellung bei Bernheim-Jeune in Paris. Gemeinsam mit Eugen von Kahler und Curt Glaser fährt er im Juni nach England, besucht diverse Galerien, zeichnet nach Gemälden von Turner und auch nach Skulpturen im British Museum. Vermutlich kommt Purrmann auf dieser Tour auch nach Holland und kann in Amsterdam Werke von Rembrandt und Frans Hals studieren (vgl. Göpel 1961, S. 308). Im Sommer Aufenthalt in Collioure. Im Oktober findet die dritte Reise mit Matisse und Marquet nach München statt; Ziel ist die Ausstellung islamischer Kunst. Hier ergibt sich ein Treffen mit Hugo von Tschudi und eine angeregte Diskussion über van Gogh.

1911

Malaufenthalte in Collioure und Ajaccio auf Korsika. Mitte Oktober treffen sich Purrmann und Mathilde in München, um die Heirat für das kommende Jahr zu beschließen. Mathilde pflegt ihren Vater Robert Vollmoeller in Stuttgart bis zu dessen Tod Ende Oktober. In Berlin zeigt Purrmann Werke aus Paris in einer Gruppenausstellung bei Paul Cassirer.

1912

Am 13. Januar heiraten Hans Purrmann und Mathilde Vollmoeller in Stuttgart. Von der Hochzeitsreise nach Ajaccio auf Korsika schreibt Mathilde am 4. Februar 1912 an Rainer Maria Rilke Folgendes: „Große Kautschukbäume, blühende Mimosen, Geranien und Rosen, und eine verlassene aufgegebene Stadt, fast ohne Gäste und verwilderte Gärten um geschlossene Häuser. Wir wollen ein Unterkommen für Monate suchen und bescheiden um Zutritt und nähere Bekanntschaft mit diesen herrlichen Bäumen, Felsen, Meer und Mauern bitten. Bis uns die Hitze vielleicht vertreibt, wer weiß, vielleicht kennen Sie Corsika? Uns ist es eine Steigerung nach Südfrankreich und ladet uns von allen Seiten zur Arbeit ein.“ (Rilke-Vollmoeller 2001, S. 94) Aber Mathilde erkrankt an Malaria, so dass sie allein vorzeitig nach Deutschland zurückkehrt, um sich zu kurieren. Im September wird Tochter Christine (1912-1993) geboren, die in den 50er Jahren eine berühmte Pianistin werden sollte. Wegen der Geburt der Tochter hält sich auch Purrmann in Beilstein bei Heilbronn auf, wo einige Bilder entstehen. Beilstein ist der Familiensitz der Familie Vollmoeller, den Robert Vollmoeller erwarb und den Elisabeth Wittenstein, die Schwester Mathildes, bewohnt und bewirtschaftet.

1913

Purrmann findet eine neue Wohnung in Paris und schickt Mathilde Briefe mit Grundrissen einer Bleibe an der Rue d’ Arras. Aus Bewunderung für Renoir erwirbt Purrmann ein Bild und lernt den Sammler Götz kennen, der sich mit Seurat befasst.

1914

Der Sohn Robert (1914-1992) wird am 30. Januar in Paris geboren.

Beilstein 1914-1915

1914

Purrmann wird im Juli in Beilstein vom Kriegsausbruch überrascht. In Paris verliert er sein Atelier, Wohnung und viele Kunstwerke (darunter Werke von Renoir, Cézanne, Seurat, Picasso, Rousseau und Matisse). In dieser Zeit ist er öfter in Stuttgart, wo er Beziehungen zum Maler Bernhard Pankok und dem Kunsthändler Zinser unterhält. Mathilde zieht sich von der Malerei zurück und sorgt für die Kinder. Ende Dezember lässt sich Purrmann mustern, wird aber wegen seiner Behinderung vom Kriegsdienst freigestellt. Purrmann leidet seit Geburt an dem so genannten Thompson’schen Syndrom, einer sehr seltenen Nervenerkrankung, die seine Bewegungs- und Reaktionsfähigkeit einschränkt. Oft ist es deswegen zu Stürzen und kleineren Verletzungen gekommen. Purrmann beginnt, sich in größerem Umfang bis in die 20er Jahre mit der Druckgraphik, vor allem mit der Kaltnadel-Radierung zu beschäftigen. Es entstehen Landschaften, Akte und Bildnisse, die sich in einigen Fällen an den gleichzeitigen Gemälden und Werken von Matisse orientieren. Purrmann wird in Wilhelm Hausensteins Buch Die bildende Kunst der Gegenwart (München 1914) charakterisierend erwähnt.

1915

Purrmann hält sich weiterhin in Beilstein auf. Im Mai fällt Weisgerber bei Ypern, dessen Tod tiefe Trauer bei Purrmann auslöst; er macht sich große Sorgen, versucht aber objektiv zu bleiben: „Wir Deutsche sind auch nicht ohne Schuld (...)“ (Roland 1996, S. 212) In Stuttgart entdeckt und erwirbt er das Gemälde Toilette der Venus von Jan Liss, einem deutschen Barockmaler. Im Sommer hält sich Purrmann in München auf und kopiert in der Alten Pinakothek den Bethlehemitischen Kindermord von Peter Paul Rubens. Er trifft sich mit dem Kunsthistoriker Heinz Braune (1880-1957), fertigt eine Radierung von ihm an und porträtiert auch dessen Frau. Braune war später nicht nur Museumsdirektor in Breslau und Stuttgart, sondern schon früh einer der wichtigsten Purrmann-Sammler. Purrmann nimmt in Berlin seit 1915 fast regelmäßig an Ausstellungen der Freien Sezession teil, gelegentlich auch an denjenigen der Berliner Sezession; er sucht seit September dort Wohnung und Atelier.

Berlin/Langenargen 1916-1935

1916

Purrmann übersiedelt Ende Januar nach Berlin, wo er in Berlin-Grunewald, Franzensbaderstr. 3 bis 1923 wohnt (vgl. Dresslers Kunsthandbuch 1921, S. 462). Sein Atelier hatte er Berlin-Schmargendorf, Marienbaderstr. 1. Wie er seinem Bruder schreibt, ist er außerordentlich erfolgreich, sogar Museen bestellen bei ihm Bilder. Er wird zum Stammgast im Romanischen Café, wo auch die befreundeten Maler Rudolf Levy, Rudolf Grossmann, Konrad von Kardorff sowie Max Slevogt verkehren, ebenso wie der Kunsthistoriker und Redakteur der wichtigen Zeitschrift Kunst und Künstler Karl Scheffler. Mit ihm führt Purrmann seit Anfang der 20er Jahre eine rege Korrespondenz (24 Briefe Purrmanns befinden sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin). Er lernt den Schriftsteller Johannes Guthmann kennen, der viele Bilder Purrmanns erwirbt. Purrmann trifft Heinz Braune in Glonn (im Südosten von München) wieder und porträtiert dessen Frau Mary zum zweiten Mal. Nach längerer Behandlung in Heidelberg stirbt Purrmanns Mutter Elisabeth im April in Speyer. Im September 1916 wird Tochter Regina geboren (1916-1997). Purrmann hält sich auch in Nenndorf bei Hannover auf.

1917

Max Raphael veröffentlicht einen Kunstbrief an Purrmann, in welchem er zwei seiner Atelierinterieurs bespricht, die er in einer Ausstellung in Zürich gesehen hat.

1918

Noch vor Ende des Ersten Weltkrieges, von Juni bis Juli 1918, findet in den Räumen der Kunsthandlung Paul Cassirer in Berlin die erste große Einzelausstellung Purrmanns statt, zu der ein bebilderter Katalog erscheint. Anlässlich dieser Schau schreibt Curt Glaser in Kunst und Künstler den ersten großen Aufsatz über Purrmann. Gemeinsam mit Glaser besucht Purrmann Erna Schilling, die Lebensgefährtin Ernst Ludwig Kirchners, und lernt dessen Atelier in Berlin kennen.

1919

Im März wird Purrmann auf Vorschlag von Liebermann und Slevogt Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin sowie Mitglied der Ankaufskommission der Nationalgalerie, wie im Weltspiegel am 6. April 1919 mit einem Foto bekannt gegeben wird. Ihm wird von der Berliner Akademie eine Professur angeboten, die er aber ablehnt; der Professorentitel wird ihm wohl um diese Zeit von einer bayerischen Institution verliehen (Hinweis Dr. Adolf Leisen, Speyer). Am 21. Oktober wird der Kaufvertrag über das direkt am Bodensee gelegene Fischerhaus in Langenargen abgeschlossen, in dem Purrmann bis 1935 regelmäßig wohnt und arbeitet. Zuvor hatte Purrmann auch einen Sommersitz in der Pfalz und in der Nähe von Würzburg in Erwägung gezogen. Das Haus wird nach dem Tod von Mathilde 1943 wieder verkauft.

1920

Das Atelier in Langenargen ist fertig eingerichtet. Zusammen mit Heinz Braune und Paul Cassirer nimmt er im Juni an einer Reise nach Rom teil. Von August bis September reist Mathilde „geschäftlich“ nach Paris (Reisepass Mathilde, Hans Purrman Archiv). Um diese Zeit findet im Hotel Drôuot in Paris eine Versteigerung des in Paris zurückgelassenen Besitzes Purrmanns statt (Wohnung und Atelier mit Möbeln und Kunstwerken). Mathilde ist vermutlich bei diesen Auktionen anwesend, wobei es zu einem Zwischenfall kommt und sie kurzzeitig in Gewahrsam genommen wird.

1921

Offensichtlich hat Purrmann nicht seinen ganzen Kunstbesitz in Paris zurückgelassen oder kann sogar Kunstbesitz zurück erwerben. Paul Cassirer bedankt sich Ende 1921 schriftlich bei Purrmann für die Leihgaben zu seiner Cézanne-Ausstellung. Purrmann wird ausführlich in Schefflers Buch Talente (Berlin 1921) besprochen, der Scheffler in Kunst und Künstler eine Darstellung unter dem Titel Hans Purrmann und der moderne Kolorismus hinzufügt.

1922

In den Sommermonaten reist Purrmann mit seiner Familie an den Golf von Neapel, nach Sorrent. Rudolf Grossmann begleitet sie und fertigt dabei eine Reihe von Zeichnungen an, die 1925 als Illustrationen in Annette Kolbs Erzählung Veder Napoli e partire eingehen. Der Künstler findet Erwähnung in Glasers Standardwerk Die Graphik der Neuzeit (Berlin 1922). Purrmann setzt seine schriftstellerische Tätigkeit fort und publiziert drei Aufsätze: Aus der Werkstatt Henri Matisses, Formlose Notizen über Graphik und zum Tod von Reinhard Lepsius; auch schreibt er ein Vorwort für den Katalog seines Freundes Rudolf Levy und antwortet im Kunstblatt auf die Frage: Ein neuer Naturalismus?

1923

Bis 1927 hatte Purrmann seinen Hauptwohnsitz in Rom, die Kinder gingen dort zur Schule. Im Inflationsjahr hält er sich während des Frühjahrs in Rom und Sorrent auf. Bilder von der Mittelmeerküste entstehen, die so genannte Villa Gorki dient als Bildmotiv. Er malt erste Gemälde vom Forum Romanum; auch beginnt er gemeinsam mit Hermann Ebers, Bilder in der Galleria Borghese zu kopieren, darunter ein Werk Tizians.

1924

In diesem Jahr geht die Fahrt im Juni/Juli nach Sorrent mit Abstechern nach Neapel. Wie Scheffler 1930 in seinen Künstleranekdoten mitteilt, sei Purrmann in diesem Jahr erstmals auf Ischia gewesen, gemeinsam mit den Kollegen Kardorff und Spiegel. Auf Ischia befasst sich Purrmann auch mit Druckgraphik (vgl. Heilmann 89-90) und trifft im September vermutlich Matisse.

1925

n Basel findet in der Galerie Pro Arte eine Einzelausstellung Purrmanns statt. Die Eröffnungsrede hält der befreundete Kunsthistoriker Friedrich Rintelen (1881-1926), Professor für Kunstgeschichte in Basel, den der Maler in seiner Münchner Zeit porträtiert hat.

1927

Im Frühjahr ist Purrmann wieder in Rom. Am 16. Juni schreibt Purrmann aus Langenargen an seinen Kollegen Wohlgemuth: „ (...) gestern kam ich aus Rom zurück. Ich habe die letzten fünf Jahre im Winter in Italien gelebt und nur im Sommer hier am Bodensee. In Berlin habe ich noch Atelier und Wohnung (aber vermietet) und war in der ganzen Zeit überhaupt nicht dort! Doch diesen Winter werde ich wieder in Berlin wohnen; die Sache mit Italien wird mir jetzt zu teuer und dann muss ich mich ja auch wieder einmal in Berlin sehen lassen.“ In Kaiserslautern findet eine weitere große Einzelausstellung statt. Für den Katalog schreibt Purrmann eine erste autobiographische Notiz: Aus meinem Leben.

1928

Die Serie der Einzelausstellungen setzt sich fort. In Nürnberg bekommt Purrmann im Rahmen der Ausstellung Pfälzer Kunst von Churfürst Carl Theodor bis zur Gegenwart eine Sonderschau mit 21 Werken zugestanden. Er wohnt jetzt in Berlin am Lützowufer 13 über der Galerie Alfred Flechtheim. Purrmann schreibt Van Gogh und wir. Die gefälschte Kunst. Expertisen – Restaurierungen – Fälschungen und auch Über deutsche Malerei und ihre internationale Bewertung.

1929

In einem Zeitungsartikel über Curt Glaser ist Purrmann in dessen Kreis neben Karl Scheffler abgebildet. Eines seiner Stillleben hängt dort neben Bildern von Munch. Mit 28 Aquarellen nimmt Purrmann am Wettbewerb zur Ausgestaltung der Hl. Rochus-Kapelle in Hohenecken bei Kaiserslautern teil, der zentralen Gedenkstätte der Gefallenen im Ersten Weltkrieg in der Pfalz. Sein Beitrag wird aber abgelehnt. Den Aufenthalt in Hendaye bei Bayonne muss er wegen einer schweren Typhuserkrankung abbrechen, an der Purrmann und seine Frau Jahre später noch laborieren. Dem sechzigjährigen Max Slevogt dediziert Purrmann in Kunst und Künstler einen Glückwunschbeitrag. Er schreibt auch eine Besprechung zur Ausstellung von Werken André Derains bei Flechtheim in Berlin, und bespricht kritisch einen Vortrag Schefflers in der Zeitschrift Kunstauktion.

1930

Im April wird Purrmann zu seinem 50. Geburtstag in der Presse geehrt und erhält den Ehrenpreis des Reichsministeriums des Inneren verliehen. Curt Glaser schreibt am 15. April aus diesem Anlass: „Wäre Purrmanns Kunst besser verstanden worden, so hätte der deutschen Malerei mancher Irrweg erspart bleiben können. Dem Fünfzigjährigen, der in der Fülle seiner künstlerischen Kraft steht, möchte man endlich die Wirkung in die Weite wünschen, die seinem Werke gebührt (...).“ Während seines Sommeraufenthalts in Sanary-sur-Mer – gemeinsam mit dem in Weßling bei München lebenden Kollegen Heinrich Brüne – ist Purrmann enorm produktiv. Er macht auch diverse Bekanntschaften, u. a. mit Werner Gilles. Purrmann verfasst für die Galerie Flechtheim ein Geleitwort zur Matisse-Ausstellung in Berlin. Seine Betrachtungen Malereien der Kinder erscheinen.

1931

Purrmann reist nach Paris, trifft sich mit Matisse, besucht Ausstellungen, u. a. von Picasso. Er hält sich auch in Venedig auf, wo er ausschließlich aquarelliert. Im Mai erreicht ihn der Auftrag, die Stirnseite des Tagungssaales im Speyerer Rathaus zu gestalten. Nach einer längeren Bildfindungsphase, die sich in einer Reihe von Aquarellen gut überblicken lässt, legt er sich auf das Thema Allegorie der Kunst und Wissenschaft in Form eines Triptychons fest. Karl Scheffler berichtet 1931 anlässlich der Ausstellung in der Akademie ausführlich in Kunst und Künstler von Purrmanns Arbeit in Sanary-sur-Mer.

1932

Purrmann führt das Triptychon zunächst als Karton in Originalgröße (Landesmuseum Mainz) aus. Um die Wirkung vor Ort zu prüfen, hängt er die Kartons probeweise auf und macht Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln. Die gegen die Jahresmitte vollendeten Leinwände werden zuerst im Juli in der Berliner Akademie der Künste einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt. Kurz nach deren endgültigen Anbringung im Ratssaal im Dezember beginnt in Speyer eine diffamierende Debatte darüber, ob man die Bilder wieder abhängen solle. Purrmann bespricht in Kunst und Künstler Slevogts Fresken in Ludwigshafen und gratuliert dem Verleger Bruno Cassirer mit einem Festschriftbeitrag zum 60. Geburtstag.

1933

Im Mai hält sich Purrmann drei Wochen zur Kur in Karlsbad auf. Er schreibt von dort am 18. Mai 1933 an Brüne: „Ich verbrachte jetzt eine lange Zeit in Berlin bin umgezogen nach der Genthiner Straße 13 Berlin W 35, ich habe mir damit das Wohnen sehr verbilligt und komme dadurch leichter wieder auf Reisen! Ich habe viel gearbeitet, viel ausgestellt und immer, immer wieder die Bilder unverkauft zurückerhalten, schon seit 2 Jahren habe ich nichts als ein paar Aquarelle verkaufen können, man kann fast mutlos werden, wenn einem sein Beruf nur Kosten macht und überhaupt nichts einbringt.“ Purrmann gehört zu den Künstlern, gegen die eine nationalsozialistisch indoktrinierte Agitation geführt wird, was ihm sehr zu schaffen macht: „Aus Speyer habe ich den größten Ärger man wollte meine Malereien (... [unleserlich]) und jetzt sind die zu genagelt und mit Hakenkreuzfahnen behängt, wenigstens für den Augenblick geschützt, kaum zwei oder drei Leute setzen sich dafür ein und der Kampfbund so wie die Notgemeinschaft Pfälzer Künstler haben Rundschreiben herumgehen lassen, daß man mit der vergangenen Zeit aufräumen und die reaktionären liberalen Malereien doch beseitigen müsse und dieses Schreiben das mit 49 auf 50 Antworten zustimmend beantwortet wurde ist von dem Hurenschwein dem Maler Fay unterzeichnet worden, der auch in den Kreisratssaal so ein Bild malte, was aber noch trauriger ist, dass der Maler Haueisen da mit tut. Jetzt ist in Berlin eine große Pfalzausstellung da bin ich nicht einmal eingeladen!“ (an Brüne, 22. 12. 1933) In der Basler Kunsthalle findet eine Ausstellung des Schweizer Malers Pellegrini statt, an der Purrmann partizipieren kann. Auf dem Katalogumschlag wird er nicht erwähnt. Purrmanns letzte Publikation für längere Zeit ist der Südseekunst gewidmet. Er gewährt dem von den Nazis gesuchten Th.Th.Heine Unterschlupf und ermöglicht ihm auch die Ausreise in die Tschechoslowakei. Wie aus der Beschriftung von Photorückseiten nach Aquarellen bzw. dem Erwerbungsdatum der Graphischen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart hervorgeht, reist Purrmann nicht erst 1939, sondern bereits 1933 nach Trient.

1934

Den Anfang des Jahres verbringt Purrmann in Florenz, im Februar reist er nach Breslau und auch nach Schreiberhau (Schlesien), wo Johannes Guthmann lebt. Im September folgt eine Reise mit den Malerkollegen Hugo Troendle und Rudolf Hoerschelmann aus München zur Corot-Ausstellung nach Zürich. Im November geht eine letzte Reise vor dem Krieg nach Paris, wo Purrmann Matisse wieder trifft. In den Jahren 1933/34 gibt Purrmann etliche Bilder zu Dr. Lucas Lichtenhan, dem Leiter der Basler Kunsthalle, in Kommission und hofft so auf Einnahmen aus dem Verkauf seiner Werke.

1935

Am 11. Februar findet die Beisetzung Max Liebermanns statt, Purrmann ist unter den anwesenden Trauergästen. Aus der Ausstellung Berliner Kunst in München< in der Neuen Pinakothek in München wird ein Bild von Purrmann entfernt.