Leben
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Florenz 1935-1943

1935
Im Oktober zieht Purrmann nach Italien und übernimmt die Verwaltung der Deutschen Künstlerstiftung Villa Romana in Florenz. Die Wahl fällt überraschend auf seine Person, obwohl es unter den 13 Kandidaten mehrere Nazis gibt; zudem hat das Propagandaministerium mit dem Archäologen Freiherr von Bissing einen eigenen Kandidaten vorgeschlagen. Vorsitzender der Stiftung Villa Romana ist Hans-Alfons Simon, Direktor der Berliner Bank. Die Stiftung Villa Romana wurde 1904 u. a. von Max Klinger initiiert und sollte jungen deutschen Künstler einen einjährigen Aufenthalt in Florenz ermöglichen. An der Neugründung der Stiftung Villa Romana 1958 ist Purrmann maßgeblich beteiligt.
Er unterhält vielfältige Kontakte nicht nur zu den Stipendiaten, sondern auch zu Mitgliedern anderer deutscher Einrichtungen, etwa zu Dr. Hugo Max, dem Direktor der deutschen Schule, der schließlich eine große Kollektion von Purrmann-Gemälden besaß. Kontakte gibt es auch zum Kunsthistorischen Institut. Den tragischen Tod des Direktors Professor Kriegbaum erlebt Purrmann während einer Bombardierung mit. Die Kunsthistoriker Herbert Siebenhüner und Theodor Hetzer sind wichtige Bezugspersonen. Mit Siebenhüner pflegt Purrmann koloritgeschichtliche Interessen; über den Einfluss Hetzers und seiner Schriften auf den Künstler berichtet Purrmann der Witwe Hetzers: „Ich kenne keinen Kunsthistoriker, der so unabhängig dachte und so voller eigener Gedanken war wie Ihr Mann und immer wieder greife ich zu seinen Büchern, die mich wirklich vor den Künstler führen. Ganz besonders hat mir auch gefallen, was er über die Fläche in der Malerei dachte und aussprach. Noch nie habe ich so Vorzügliches über die Komposition gesagt gefunden wie in seinem Buch von Dürers Bildhoheit, das ich immer wieder zur Hand nehme.“ (Göpel 1961, S. 265)
1936
Anfang des Jahres Unterhandlungen wegen Um- und Anbauten an der Villa Romana: Purrmann baut aus der verfallenen Orangerie „Limonaia“ zwei Gartenateliers, die im Krieg schwer beschädigt werden. Wie Purrmann in Januar an Brüne schreibt, beabsichtigt er eine Ausstellung in der Galerie Nierendorf in Berlin zu machen. Die Sommermonate verbringt er an der ligurischen Küste in Monterosso und Lerici, dabei entstehen eine größere Zahl von Aquarellen.
1937
Zu Weihnachten 1936/37 ist Purrmann in Stuttgart; die Absicht nach München zu reisen, wird wegen Krankheit aufgegeben. Im Sommer folgt ein Studienaufenthalt in Castiglioncello, wo hauptsächlich aquarelliert wird.
Purrmann gilt als „entarteter Künstler“; 36 Gemälde und eine größere Anzahl graphischer Blätter werden aus öffentlichen Museen in Bremen, München, Kaiserslautern, Karlsruhe, Köln, Stettin, Breslau u. a. entfernt, die größtenteils bis heute verschollen sind. In der Wanderausstellung Entartete Kunst sind zwei Bilder Purrmanns zu sehen. Das Ausstellen seiner Bilder wird verboten. Dieser Sachverhalt erschwert seine Position in Florenz. Dem Künstler wird zu Unrecht vorgehalten, er sei nach 1919 Mitglied der revolutionären Künstlervereinigung „Novembergruppe“ gewesen. Purrmann wird sehr zu seiner Verwunderung in Bruno Krolls Buch Deutsche Künstler der Gegenwart erwähnt.
1938
Am 9. Mai treffen sich Hitler und Mussolini in Florenz. Purrmann wird für einige Tage in Schutzhaft genommen und kommt ins Gefängnis „Murate“. Um diese Zeit erhält Purrmann Besuch von Theodor Heuss, dem späteren Bundespräsidenten, den er noch aus Pariser Tagen kennt.
In Siena trifft Purrmann auf den Maler Leo von König und dessen Familie, beide Künstler kommen sich näher und malen gemeinsam in der Umgebung von Siena. In denselben Jahr malt Purrmann in Lerici (bei Genua) und in Südtirol, im Grödner Tal.
1939
Im Frühjahr spricht der Stiftungsvorstand der Villa Romana einstimmig Purrmanns Entlassung aus. Nachdem dieser belegen kann, nicht an der „Novembergruppe“ teilgenommen zu haben, wird die Entlassung zurückgezogen, die Ende des Jahres nochmals auf der Tagesordnung steht. Im Falle der Kündigung Purrmanns bietet auch der Vorsitzende Simon seinen Rücktritt an.
Im Sommer erfolgt eine Reise nach Trient, wo nur wenige Ölbilder, aber eine größere Anzahl von Aquarellen entstehen. Nach Kriegsbeginn wird der Purrmann-Kreis in der Villa Romana zu einem Treffpunkt von Exilanten, dazu gehören Kasimir Edschmid, Curt Glaser, Werner Haftmann, Monica Mann und Leopold Stein.
1940/41
Purrmann hält sich im Februar 1940 in München auf. Anlässlich des 60. Geburtstags erscheinen in der deutschen Presse Würdigungen (von Herbert Siebenhüner und Edmund Hausen). Der Vorstand der Villa Romana ehrt Purrmann mit einer Urkunde. Außerdem veranstaltet die Kunsthalle in Bern im August und September eine Gemeinschafts- und Verkaufsausstellung mit Fred Stauffer und Erich Wendelstein. 58 Gemälde, zum Teil aus Basler Privatbesitz, können zusammengetragen werden. Während der Sommermonate hält sich Purrmann in dem Badeort Fano an der Adria auf. An Brüne schreibt er: „(...) es ist nicht besonders interessant hier, aber der einzige Teil am Meer, der nicht allzusehr Kriegsgebiet ist und wo man (was ich auch bekam) die Erlaubnis zum malen haben konnte! Lange werde ich nicht bleiben und wieder nach Florenz zurück reisen (...)“ Purrmann lässt sich von den italienischen Behörden eine Identitätskarte ausstellen, in welcher als Nationalität „Italiana“ angegeben wird.
1942
Purrmann nimmt u. a. an der Ausstellung in Saarbrücken Kunstschaffen der Westmark (Rezension in der Frankfurter Zeitung, Juli 1942) teil. Hier kommt Dr. Franz Fleischmann als Leiter des Grünstädter Kunstvereins und Ausstellungskurator eine wichtige Rolle zu. Purrmans Bruder Heinrich übernimmt vor Ort die Beschickung der Ausstellungen.
1943
Eine der wenigen Ausstellungen Purrmanns findet März/ April in der Galerie Il Fiore in Florenz statt. Die Eröffnungsrede hält Piero Santi. Purrmann wird von Arturo Rosai porträtiert. Im Mai ziehen sich wegen der Kriegsgefahr Purrmann, Levy und Kriegbaum nach Saltino-Vallombrosa bei Florenz zurück. Am 16. Juli stirbt Purrmanns Frau Mathilde nach langer Krankheit in München; die Beisetzung findet in Langenargen statt. Sein Bruder Heinrich stirbt in Speyer. Zerstörung der Berliner Wohnung durch einen Bombenangriff der Alliierten. Eine Reise nach Berlin führt den Künstler auch nach Mittel-Schreiberhau, Dresden und Stuttgart.
Nach dem Sturz Mussolinis am 25. Juli werden die in Florenz ansässigen Deutschen aufgefordert, Italien zu verlassen. Purrmann schreibt aus der Schweiz am 9. November an Karl Scheffler: „Ich blieb in Florenz, auch dann noch als alle Deutschen mit dem letzten Zug abgefahren waren und ich habe viel erlebt, ohne dass mir persönlich etwas geschehen wäre.“